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Andere Autoren: Erfurt: Selbstdisziplin bei der Suche nach Antworten
Geschrieben am 18.08.2002 von S. Ihlenfeldt

Praxis Schule Andreas schreibt:
"Ersch�tterung, Fassungslosigkeit, Unglauben � die unmittelbaren Reaktionen auf die Geschehnisse am Erfurter Gutenberg-Gymnasium haben alle zusammenr�cken lassen. Wir haben einandern verstanden in unserem Unverm�gen, das Handeln des jungen Robert Steinh�user zu verstehen. Wir haben einm�tig den Kopf gesch�ttelt, als hofften wir, die Ereignisse dadurch ungeschehen machen zu k�nnen. Wie ein Reflex, mit dem ein Organismus versucht, sich vor einer sch�digenden Erfahrung zu sch�tzen. Dann wurde klar: Hier ist etwas Ungeheuerliches wirklich geschehen, wir f�hlen uns betroffen, und die f�rchterliche Erfahrung muss nun bew�ltigt werden.


Betroffenheit ist eine komplexe und, nat�rlich, h�chst individuelle Reaktion. Das innere Gef�ge aus Wertvorstellungen, Gef�hlen und entsprechenden Handlungsimpulsen einer Person ist durch die Wucht des �u�eren Ereignisses unmittelbar angesprochen. Die Unerkl�rbarkeit des Geschehenen stellt die eigene innere Stabilit�t in Frage � sei es emotional, sei es intellektuell. Und es kommt einer organismischen Selbsterhaltungsma�nahme gleich, schnellstm�glich eine wirkungsvolle Antwort zu geben: dem verwirrten Verstand zur Erkl�rung, den verst�rten Gef�hlen zur Kl�rung.

Vorsichtig werden erste Antworten ge�u�ert, und sie gehen, unschwer vorauszusehen, in unterschiedlichste Richtungen. Je nach Profession suchen wir in dem Fach nach Antworten, in dem wir uns selbst am besten auskennen. Das ist legitim und hilfreich � jedenfalls solange wir uns gegenseitig zuh�ren. Politische, p�dagogische, soziologische, kriminalistische, juristische und psychologische Blickwinkel haben ihre Berechtigung. Hier ist wechselseitiger Respekt vor der Meinung des anderen ebenso angeraten wie die echte Bereitschaft, der Komplexit�t der Problematik Rechnung zu tragen. Dies bedeutet auch, den eigenen Beitrag als (wichtigen, aber vielleicht nur kleinen) Teil eines umfassenderen Diskurses akzeptieren zu k�nnen.

Die bisherigen �ffentlichen Stellungnahmen zu der Gewalttat des Erfurter Sch�lers machen aber auch etwas weiteres deutlich: Hinter den unterschiedlichen Reaktionen ist der berechtigte Wunsch erkennbar, eine jeweils angemessene Antwort zu finden und an andere weiterzugeben. Welche sozialen, gesellschaftlichen, politischen, psychologischen Faktoren spielten bei dieser vernichtenden Tat eines Einzelnen eine Rolle? Welche Ma�nahmen sind zu treffen, welche Entscheidungen zu f�llen? Welche �Ursachen�, welche �Schuldigen� k�nnen benannt werden? Und was, um Himmels willen, kann in diesem jungen Mann blo� vor sich gegangen sein? Welche Wahrheit ist darin zu erkennen? Kurz: was ist bei all dem �des Pudels Kern�?

Aber nicht nur die professionelle, vor allem auch die private Seite unserer Person will mit Stellung beziehen. Beide haben ihre eigenen Motive, doch sind mitunter kaum auseinanderzuhalten. Es ist zuerst diese pers�nliche Seite in uns, die von den Berichten und Bildern der traumatischen Ereignisse vom vergangenen Freitag ergriffen ist. Und besonders diesem Teil unseres Wesens droht die Verf�hrung zu schnellen, aber letztlich zu kurz greifenden Antworten.

Dabei ist der rasche Versuch, eine Erkl�rung f�r im Grunde kaum Erkl�rbares aufzusp�ren, psychologisch verst�ndlich und nachvollziehbar. Als eine individuelle Durchhaltestrategie auf intellektueller Ebene macht er f�r eine Weile Sinn. Hilflosigkeit ist ein Zustand, den ein Organismus so schnell wie m�glich �berwinden will. Und sich der eigenen Ohnmacht, wo sie real ist, zu stellen, ohne zu verzweifeln, ist eine anspruchsvolle psychische Aufgabe.

Doch etwas Wesentliches darf hier nicht verwechselt werden: das individuelle Bed�rfnis, den irritierten Verstand wieder ins Lot zu bringen, mit der gesellschaftlichen Notwendigkeit, eine eskalierende Problematik verantwortungsvoll und gr�ndlich aufzuarbeiten. Die Versuchung, aus der heraus einige das Pers�nliche f�r das Allgemeine halten wollen, ist durchaus nachvollziehbar. Die Problematik, die Robert Steinh�user auf dramatische Weise zum Ausdruck gebracht hat, ist allerdings zu komplex und viel zu ernst, um einer solchen Verwechslung auf Dauer erliegen zu d�rfen.

Die ersten Stellungnahmen greifen das gewaltige Ungl�ck aus � mehr oder weniger � bekannten Blickwinkeln auf. Die Frage der Verantwortlichkeiten von Familie, Schule und Gesellschaft f�r die Erziehung der Kinder und Jugendlichen steht wieder im Raum, ebenso wie die bange � und nun scheinbar sogar beantwortete � Frage nach den �amerikanischen Verh�ltnissen� an unseren Schulen. Thematisiert werden (erneut) das mutma�liche Ausma� von Gewalt an (deutschen) Schulen und unter (deutschen) Jugendlichen sowie die Bedeutung von gewaltverherrlichenden Medien und (neuerdings) von Sch�tzenvereinen. Um es klar zu sagen: Diese Fragen haben ihre Berechtigung. Doch was ist mit der Frage nach �des Pudels Kern�?

Es ist an der Zeit, folgendes anzuerkennen: Zu mancher existentiellen Frage, die die Jugendlichen und ihre Lebenswelten betrifft, geh�ren weder rasche noch � und das mag das eigentlich Unangenehme sein � eindeutige Antworten. Wenn es m�glich ist, dass ein 19-J�hriger mitten unter uns auf derart unglaubliche Weise entgleisen und Unheil anrichten kann, dann muss das Bedingungsgef�ge dieser Tat sehr vielschichtig sein. In dieser Einsch�tzung treffen sich gesunder Menschenverstand und fachlich-systematische Analyse. Jeder vereinfachende Erkl�rungsansatz, gleich welcher Provenienz, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, der Verantwortung einer aufrichtigen Haltung auszuweichen.

Die Suche nach eindeutigen Antworten birgt eine immense Gefahr: Wenn sie ohne Akzeptanz auch f�r das Uneindeutige, Ungeordnete, das Vielschichtige und Vielf�ltige daherkommt, dann wendet sie sich gegen das Leben selbst. Die zielstrebige, auf Leistung und Vorw�rtskommen gerichtete Haltung ist eine eher m�nnliche Lebenseinstellung; viele unserer �technischen Errungenschaften� zeugen davon, und die Sozialwissenschaften belegen es. Ohne die eher weibliche Toleranz f�r das noch nicht so Eindeutige, das da noch am Werden ist, wendet sich das Eindeutigkeitsstreben jedoch ins Unheilvolle und Destruktive.

Zufall oder nicht: Der jugendliche T�ter von Erfurt war m�nnlich, ebenso wie die gro�e Mehrzahl seiner Opfer. In welche Region unserer Betroffenheit dringt dieses Faktum vor? Haben wir uns schon damit abgefunden, dass junge M�nner � als T�ter wie als Opfer � die Statistiken zur Jugendgewalt unerreichbar anf�hren? Und welche Assoziationen verbinden wir sonst noch mit unseren m�nnlichen Kindern und Jugendlichen? Wie weit schr�nkt uns unser eigenes Bed�rfnis nach klaren, eindeutigen und leicht zu ordnenden sozialen Bildern ein, wenn es um Jungs und junge M�nner geht? Wie weit beherrschen die Berichte �ber aggressive, gewaltt�tige, emotional unterentwickelte, verhaltensauff�llige oder schulisch weniger leistungsf�hige Sch�ler, wie PISA es weltweit belegt, unsere K�pfe? Wieviel Anstrengung m�ssen wir aufbringen, um sie uns auch noch mit ihren gesunden und liebenswerten Seiten vorstellen? Es ist nicht mehr allein eine fachwissenschaftliche Frage, wie wir die Pers�nlichkeitsentwicklung von M�dchen und Jungen geschlechtsspezifisch ad�quat begleiten und f�rdern k�nnen. Es ist eine Frage mit Relevanz f�r die Zukunft unserer Gesellschaft.

Auch wenn wir in einigen Tagen oder Wochen noch mehr �ber die Person des 19-j�hrigen Robert Steinh�user und sein Leben erfahren haben werden � die innere Realit�t dieses Heranwachsenden konnte niemand kennenlernen. Spezialisierte Kriminalisten, �Profiler�, haben damit begonnen, die Pers�nlichkeit des jugendlichen T�ters posthum zu erforschen. Aber selbst wenn sich aus den nachtr�glich zusammengesuchten Facetten eine ungef�hre Kontur seiner �wirklichen� Pers�nlichkeit ableiten lie�e � f�r ihn und die Opfer seines Amoklaufs k�men diese Einblicke zu sp�t. Ebenso wie das dann vielleicht aufkeimende Verst�ndnis f�r seine Verzweiflung, die er weniger schrecklich vor dem 26. April offenbar nicht ausdr�cken konnte.

Eine eindeutige Wahrheit zu den Ereignissen am Erfurter Gutenberg-Gymnasium wird es nicht geben. M�glicherweise � und damit w�re tats�chlich viel gewonnen � k�nnen mit zunehmender Aufarbeitung der Geschehnisse immerhin einige wichtige Fragen pr�ziser formuliert werden. Mehr vielleicht nicht. Angesichts des starken Wunsches nach kl�renden Antworten wird es einigen Mut brauchen, sich dieser Entt�uschung ehrlich zu stellen. Und es wird Integrit�t und Selbstdisziplin brauchen, um bei der anstehenden Aufarbeitung des schockierenden Ereignisses keine voreiligen Schl�sse zu ziehen.

Alle, die sich von dieser Tat betroffen und aufgeschreckt f�hlen, m�ssen mit eigenen Mitteln versuchen, damit fertig werden. Die Banalit�t dieser Feststellung liegt auf der Hand. Doch so solidarisierend die ersten Reaktionen der Fassungslosigkeit gewesen sind, so unterschiedlich werden die anstehenden Handlungsans�tze ausfallen. Die aufrichtige Suche nach M�glichkeiten, die Erfurter Trag�die nachhaltig zu bew�ltigen und daraus zu lernen, wird � und auch diese Feststellung sollte uns banal erscheinen � wahrhaft keine einfache Aufgabe. Viel Sachverstand, Geduld und Mut sind dabei gefragt � und tiefes Mitgef�hl: mit dem Schmerz der Angeh�rigen der Opfer; mit der enormen Verunsicherung, die diese Tat bei etlichen Lehrern und Lehrerinnen, Sch�lerinnen und Sch�lern, Eltern und vielen anderen hervorruft, nicht nur an deutschen Schulen; und am dringendsten: Mitgef�hl mit der unvorstellbaren inneren Not, die den 19-J�hrigen in sein grauenvolles Handeln gef�hrt haben muss.

Andreas Krebs
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