Lernwege
Datum: Thursday, 25. July Thema: Praxis Schule
Lernwege
Bei einer meiner Auseinandersetzungen mit vorgesetzten Behörden verteidigte sich ein Schulamtsdirektor, er könne doch nicht jeden Pfad, den ein Pionier durch den Urwald bahne, zur öffentlichen Straße erklären.
Mein Rechtsanwalt lachte über den Vergleich Schule - Urwald.
Ich hörte heraus, dass er mich neue Wege gehen sah. Andere hörten heraus, ich sei ein Querulant.
Eigene Wege gehen.
Das Wort "Lernen" soll aus dem Indogermanischen stammen und bedeuten: Seiner Spur folgen.
Lehrerinnen und Lehrer, die Unterricht planen, möchten, dass Kinder einer ausgetretenen Spur folgen, einem sicheren Weg, einem Ziel entgegen, das die Lehrkräfte natürlich schon kennen. Sie möchten Lernergebnisse vorher sagen können. Und müssen feststellen, dass die Lernenden "driften" (wie Edmund Kösel das bezeichnet). Sie bleiben nicht in der Spur, brechen nach den Seiten aus, wechseln die Richtung, verharren, erreichen das "Ziel" nicht wie geplant.
Lehrkräfte erfinden Tricks. Sie verkürzen Tagestouren. Sie manipulieren mit Drohungen und Lockmitteln. Sie versuchen ausbrechende oder Richtung wechselnde Lernende in Therapien abzuschieben.
Psychiatrische Einrichtungen für Kinder und Jugendliche in Deutschland sind übervoll, jährlich bleiben über 250 000 Kinder und Jugendliche sitzen und müssen in andere Klassen, ein viel zu hoher Prozentsatz muss die Bildungseinrichtungen ohne irgend einen "Abschluss" verlassen.
Und wenn man Kinder und Jugendliche ihre eigenen Lernwege gehen ließe?
Es gibt so viele Richtungen, Möglichkeiten, Lernorte, Lerngelegenheiten.
Ich höre wieder: Aber man muss doch... aber man kann doch nicht...
Stimmt doch gar nicht.
Quand les maitres cesseront dénseigner,
les élèves pourront enfin apprendre.
Wenn die Meister aufhören zu lehren,
werden die Schüler endlich lernen können.
Montesquieu (1689 - 1755)
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