Kongress: Kunst und Erziehung - Erziehung als Kunst
Datum: Monday, 25. November
Thema: Wissenschaft Kindergarten


Kongress: Kunst und Erziehung - Erziehung als Kunst
Vorwort und Vortragsskizzen

Karl Gebauer / Gerald Hüther
Kunst und Erziehung - Erziehung als Kunst
III. Kongress für Erziehung und Bildung, 22.23.11.02 in Göttingen

Vorwort und Vortragsskizzen

Die aktuelle Diskussion über Erziehung und Bildung wird nur dann zu erfolgreichen Handlungsmustern führen, wenn sie sich sowohl mit der Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes als auch mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beschäftigt.

Viele Kinder und Jugendliche leiden darunter, dass es in ihrem Leben keine ausreichende emotionale Beziehung gibt, die ihnen ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Dabei sind sichere emotionale Bindungen an mindestens eine Person Voraussetzung für eine gelingende Entwicklung. Wird in den Familien diese Voraussetzung nicht geschaffen, so kommen auf Erzieherinnen, Lehrer und Lehrerinnen besondere Aufgaben zu.

Diese Zusammenhänge sind nicht nur in der Pisa Studie sondern auch in der aktuellen Shell Jugendstudie herausgearbeitet worden. Es kommen starke Zweifel auf, ob diese Erkenntnisse von den verantwortlichen Bildungspolitikern gesehen und bei der dringend erforderliche Bildungsreform berücksichtigt werden. Im Vordergrund der Diskussion über eine Schulreform stehen gegenwärtig die Verbesserung der Diagnostik, der Unterrichtsmethodik, der internen und externen Evaluation und der Installation von Trainingsprogrammen.
Entgegen anderslautender Beteuerungen zieht am Horizont ein verstärkter Druck auf Schüler und Schülerinnen herauf. Dieser Leistungsdruck verschärft die Aussonderung derjenigen, die den Anforderungen nicht gewachsen sind.
Es besteht die Gefahr, dass dabei die Bedeutung einer emotional tragenden Beziehung zwischen Lehrkräften und ihren Schülern nicht oder nur sehr peripher gesehen wird. Ist diese nicht gegeben, helfen auch die vielleicht gut gemeinten Aktivitäten nichts. Dann kann man ein ganzes Land mit Steuerungsgruppen überziehen und Methodentrainer aussenden und wird am Ende nur ratlos dastehen.

Mitte Oktober nahm ein 16 jähriger Schüler in der Friedensschule in Waiblingen andere Schüler und eine Lehrerin als Geisel. Das Drama konnte zu einem gute Ende geführt werden, weil alle Personen, die an der Lösung beteiligt waren, ein hohes Maß an emotionaler Kompetenz besaßen. Ein wichtiger Grund lag sicherlich auch darin, dass der Geiselnehmer selbst den Argumenten der Polizei zugänglich war.
Dieses Ereignis weckte Erinnerungen an die schrecklichen Morde in der Gutenbergschule in Erfurt. „An die Geschichte dieses Schülers müssen wir uns erinnern! Nicht nur wegen der Gewaltexzesse, seiner realen Ohnmacht und der von seinem Leben abgespaltenen Phantasien. Man muss sich ihn vor allem wegen der vielen, in seinem kurzen Leben unterbliebenen Worte erinnern.“ (Reinhard. Kahl)
Wir müssen annehmen, dass diese Taten nicht nur eine persönliche Ursache hatten. Denn unsere Gesellschaft ist dafür mitverantwortlich, dass solche Szenarien überhaupt in den Köpfen junger Leute herumspuken. Und manche setzen sie in die Tat um.
Die aktuelle 14. Shell Jugendstudie hat gezeigt, dass sich die Hälfte der befragten Jugendlichen auf der Gewinnerseite sehen. Sie finden, dass sie durch ihr Elternhaus gut mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet sind und blicken relativ optimistisch in die Zukunft. Die übrige Hälfte der Kinder und Jugendlichen darf aufgrund mangelnder Schulbildung und des schwachen sozialen Hintergrundes als abgeschlagen bezeichnet werden. Viele von ihnen haben kaum eine Chance als Erwachsene je ein feste Beschäftigung zu finden. Die Schule wird als Scheidelinie für Auf- und Absteiger erlebt. Dieser Sachverhalt ist den Jugendlichen bewusst. Es ist daher kein Wunder, wenn der eine oder andere, der durch schlechte Schulnoten zum Versager gestempelt wird, Wut oder Hass gegen die Schule und ihre Lehrer entwickelt. So gesehen verweisen die Ereignisse in Erfurt und Waiblingen über den persönlichen Aspekt auch auf ein soziales Problem hin.

In einer gelingenden Erziehung steht die Erfahrung emotionaler Sicherheit im Zentrum. Es müsste beachtet werden, dass Erziehung und Bildung im frühesten Kindesalter beginnen. Schaffung von entsprechenden Rahmenbedingungen müssten Vorrang vor andern bildungspolitischen Maßnahmen haben.
Gleichzeitig müsste die Aus- und Fortbildung für alle Personen, die mit kleinen Kindern arbeiten, entscheidend verbessert werden. Die Arbeit der Erzieherinnen in Kindergärten müsste größere Anerkennung im öffentlichen Bewusstsein finden. Für eine gelingende Erziehung ist es wichtig, dass vor allem in den Familien, Kindergärten und Schulen die Voraussetzungen für eine umfassende motorische, emotionale, soziale und kognitive Förderung geschaffen werden und der Blick für die zentrale Aufgabe, den Aufbau emotional tragender Beziehungen, nicht verloren geht. Eine große Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Familienbildungsstätten zu. Erfahrungsgemäß treffen sich hier vor allem junge Mütter mit ihren Kindern um Erfahrungen auszutauschen und Anregungen zu erhalten.
In allen Schulformen wäre darauf zu achten, dass Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern nicht nur inhaltliche Anregungen geben, sondern ihnen auch eine emotional tragende Beziehung anbieten. Damit sind in der Gegenwart viele Lehrerinnen und Lehrer überfordert.
Eine Schul- und Kindertagesstättenreform, die etwas auf sich hält, müsste hier ansetzen. Das Leid der Kinder spiegelt sich auch in der Hilflosigkeit und Überforderung ihrer Erzieherinnen und Lehrer.
Wir wollen versuchen, beim diesjährigen Kongress die Kunst in den Mittelpunkt der Erziehungs- und Bildungsdebatte zu rücken. In der Kunst setzt sich der Mensch auf eindrucksvolle Weise mit seiner Menschwerdung und seinem Menschsein auseinander. Im eigenen kreativen Tun und im künstlerischen Handeln anderer erahnen wir etwas von der Welt, in der wir leben und gewinnen so Erkenntnisse über uns. Kunst ist die spielerische Suche nach Lösungen.
Künstlerisches Tun setzt Wahrnehmungsfähigkeit voraus und bringt sie gleichzeitig immer differenzierter hervor. Im emotionalen Verarbeitungsprozess des Wahrgenommenen finden permanent Entscheidungen statt. Was nicht wichtig ist, wird wieder hinausgeworfen, findet keinen Speicherplatz im kindlichen Gehirn.
Die Fähigkeiten des Wahrnehmens, des Bewertens und Entscheidens sind in der Gegenwart wichtige Überlebensstrategien. Gelingen diese Filterungsprozesse nicht, so sind die Kinder hilflos äußeren Einflüssen ausgesetzt. Die Fähigkeit zur Strukturierung unterbleibt und damit gibt es im menschlichen Gehirn keine innere Struktur, die neue Erfahrungen in geeigneter Weise aufnehmen könnte.
Über vielfältige Gestaltungsangebote lernen die Kinder vor allem ihre eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten kennen und nehmen so ihre Selbstwirksamkeit wahr. Dies ist die grundlegende Voraussetzung für die Selbstmotivation in allen folgenden Lernprozessen.
Die Kunst des Erziehens ist ein dialogischer Prozess, der spätestens mit der Geburt eines Kindes beginnt. Schon in den ersten Monaten erlebt ein Kind - wenn der Kommunikationsprozess gelingt - dass es selbst eine aktive Rolle dabei spielt. Ein Kind sieht sich in den Augen der Mutter und eine Mutter sieht, was sie in ihrem Kind auslöst. Erziehung als Kunst heißt auch innehalten, sich im andern spiegeln, dem anderen ein Spiegel sein, heißt betrachten und sich betrachten lassen, heißt sprechen und hören, agieren und reagieren, heißt Bewegung von Innen nach außen bringen und umgekehrt. Und nirgendwo gelingt das Kindern besser als im Spiel mit anderen, beim Entdecken und in der kreativen Entfaltung der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten.
Im Verlauf des Kongresses soll in allen Beiträgen an dieses Motto erinnert werden:

„Es ist Zeit, in unserer Gesellschaft das zu retten,
was sich nicht funktional rechtfertigen lässt.
Es ist Zeit, für die Dinge einzutreten,
die keine Zwecke haben,
für das Spiel, für die Musik, für die Gedichte,
für das Gebet, für das Singen, für die Stille,
für alle poetischen Fähigkeiten des Menschen.
Sie haben keine Lobby, und sie bringen keine Profite. Aber
sie stärken unsere Seelen.“ (Fulbert Steffensky





Spiel und Kreativität in der frühen Kindheit


Prof. Dr. Mechthild Papousek, FÄ für Psychiatrie und Neurologie, Dozentin für Entwicklungspsychobiologie und Entwicklungspsychopathologie der frühen Kindheit. Leiterin der Beratungsstelle Frühentwicklung und Kommunikation am Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin der Universität München mit der „Münchner Sprechstunde für Schreibabys“ und einem Fortbildungscurriculum für Säuglings-/Kleinkind-Eltern-Beratung und -Psychotherapie.



„Mein Kind kann sich überhaupt nicht allein beschäftigen, es ist unruhig, gelangweilt, unzufrieden und fordert den ganzen Tag ein Unterhaltungsprogramm.“ „Daheim mit dem Kind fällt mir die Decke auf den Kopf. Ich tue alles für mein Kind, aber ich weiß nicht, was ich mit ihm anfangen soll.“ Klagen wie diese sind schon im Säuglingsalter verbreitet und geben Anlass zur Sorge, dass das Spiel des Kindes heute auf vielerlei Weise bedroht ist - in einer Zeit, in der auch Säuglinge und ihre Eltern sich kaum noch abschirmen können gegenüber der Hektik und Informationsflut der modernen Lebensweise, dem boomenden Spielzeugmarkt und verwirrenden Frühförderangeboten. Viele Eltern tun sich schwer, sich frei von Leistungsdruck und festen Zielvorgaben auf ein spielerisches Zusammensein mit ihrem Baby einzulassen - oft ein Ausdruck elterlicher Depressivität, innerer Leere und Anspannung, oder auch späte Folge einer eigenen Kindheit ohne Spiel.
Es ist daher dringlich, die Aufmerksamkeit auf die Anfänge des Spiels in der frühen Kindheit zu lenken und die Ursachen von Spielunlust und vermeintlicher Spielunfähigkeit aufzuspüren.
Der Vortrag vermittelt neuere Erkenntnisse der interdisziplinären Frühentwicklungsforschung, die im Spiel eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung der dem Menschen eigenen Fähigkeiten - Kreativität, Symbolisierung, Bewusstsein und kulturelle Integration - sehen. Das Spiel gehört wie die Bindung zu den biologisch verankerten Grundbedürfnissen, und ist als solches auf seiten von Kind und Eltern durch komplementär angelegte Verhaltensbereitschaften, Vorlieben und Motivationen primär geschützt.
Beim Aufbau der kindlichen Erfahrungs- und Vorstellungswelt wirkt das Spiel als Quelle von Selbstwirksamkeitserfahrungen, als Kontext zum Entdecken, Erproben und Einüben neuer Fertigkeiten, Problemlösungen und früher Formen von Konfliktbewältigung und als Kontext gemeinsamer Beziehungserfahrung und intuitiver elterlicher Anregung, Herausforderung und Unterstützung. Spiel und Kreativität in der frühen Kindheit bieten damit ein in Frühpädagogik, Prävention und früher Therapie noch wenig genutztes schöpferisches Entwicklungspotential.
Publikationen:
Vom ersten Schrei zum ersten Wort: Anfänge der Sprachentwicklung in der vorsprachlichen Kommunikation. Huber, Bern 1994
Mit Alexander von Gontard (Hrsg.): Spiel und Kreativität in der frühen Kindheit. Pfeiffer bei Klett-Cotta, Erscheinen Frühjahr 2003
Mit Hanuš Papoušek und Uwe Jürgens (Hrsg.): Nonverbal vocal communication: Comparative and developmental approaches. Cambridge University Press, Cambridge 1992





Bildungs- und Selbstbildungsprozesse in Kindertagessstätten -
Theorieaspekte zum aktuellen Bildungsverständnis von Kindern

Anne Heck, Diplom-Psychologin, Bildungsforscherin, Diplom-Haushaltswissenschaftlerin, Supervisorin; Berlin / Heidelberg; Tätigkeiten in Kindertherapie, Beratung in Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe; Integrationsberatung; Wissenschaftliche Tätigkeiten und Mitarbeit in Modellprojekten (u.a. Gemeinsame Erziehung von Kindern mit Behinderung, Beirat beim Deutschen Jugendinstitut München; Evaluation des Erprobungsprogramms „Situationsansatz“, Freie Universität Berlin; Impulse aus Brandenburg - Innovative Modelle für Vorschulpädagogik und Beratung; Zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen; Projektträger Infans e.V. Berlin).
Freiberuflich tätig in Beratung, Supervision, Praxisforschung und Weiterbildung.
Der gesellschaftliche Wandel
Neue gesellschaftliche Herausforderungen, die mit der Veränderung wirtschaftlicher Kontexte und der zunehmenden Internationalisierung der Marktkonkurrenzen einhergehen, schnelle technologische Entwicklungen und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Umbrüche erfordern neue und weitergehende Kompetenzen von Menschen, die über ein hohes Maß an Bildung verfügen.
In der vom Bildungsministerium für Wissenschaft und Forschung vorgelegten Studie „Bildungs- und Wissensdelphi“ (Prognos 1996, 1998) werden „Schlüsselqualifikationen“ ausgewiesen, die das bisherige Verständnis von Fachwissen nicht zum Inhalt hatte: Experimentierfreude, Mut zum Risiko, Ausdauer, Flexibilität, vernetztes Denken, soziale Kompetenzen.
Wissenschaftliche Untersuchungen der
Ressourcen für Selbstbildungsprozesse, über die ein Kind von Geburt an verfügt, werden nur ungenügend genutzt. Ein Kind lernt bereits in einem sehr frühen Alter mit hoher Eigenmotivation. In den frühen Bildungsprozessen spielen entwicklungsbiologische Prozesse eine weitaus größere Rolle als bisher angenommen. So wurden in den letzten Jahren wichtige Zusammenhänge erschlossen für die Bereiche
1. der sensorischen Integration durch Prozesse der ästhetischen Wahrnehmung, Bewegungsentwicklung und Körperkoordination
2. Herausbildung der Gefühle in Verbindung mit dem Denken
3. Bedeutung der sozialen Interaktion als Prozesse der Ko-konstruktion für die Entwicklung persönlicher Identität, Selbstsicherheit und moralischer Verhaltensweisen.
Diese Erkenntnisse machen es erforderlich, das Bild vom Kind als „von Anfang an kompetentes Kind“ (Dornes, 1996) neu zu denken und alte Vorstellung über die Belehrbarkeit über Bord zu werfen.
Zwei Grundannahmen:
1.Das Kind muss nicht gebildet werden, es bildet sich selbst. Ausgangspunkt des aktiven Sich-Selbst-Bildens ist das, was ein Kind wahrnimmt. Als Grundlage für seine Selbstbildungsprozesse braucht es komplexe Wahrnehmungs- und Erfahrungsmöglichkeiten. Wahrnehmung ist dabei als sinngenerierender Konstruktionsprozess zu sehen und nicht als bloße Abbildung der äußeren Realität im Kopf des Kindes.
2. Prozesse wechselseitiger Anerkennung sind notwendige Bedingungen für die Qualität der Selbstbildungsprozesse von Kindern
Kinder brauchen für ihre gelingende Entwicklung ein „Gegenüber“, das sie akzeptiert und anerkennt in dem was sie tun. So können Kinder sich auf den Weg machen, um die Welt zu verstehen und Erkenntnis über sie zu gewinnen.

Grundlage für wechselseitige Anerkennung sind die frühen Bindungsbeziehungen. Darauf gründen sich die Interaktionen zwischen den Eltern (als ersten Bezugs- und Bindungspersonen) und dem Kind. Dort wird ein frühes Kommunikationssystem etabliert, das die Herausbildung einer Haltung der emotionalen Zuwendung ermöglicht.
Kindliche Bildungsprozesse sind eigen-sinnige Konstruktionen und nicht sofort und unmittelbar als solche zu verstehen, so dass eine Haltung der kognitiven Achtung erforderlich ist, um frühe Bildungsprozesse zu unterstützen.
Bildung von Kindern in einer Kindergruppe beruht auf und enthält gleichzeitig Ko-Konstruktionen mit dem jeweils anderen. Im Miteinander stellen sich Kinder den Fragen und Herausforderungen der Welt, schaffen sich Probleme und erarbeiten sich Lösungen. Die Erwachsenen stellen dafür relevante und kulturbezogene Weltausschnitte und Wissensbereiche zur Verfügung - und begegnen dem einzelnen Kind dadurch mit einer Haltung der sozialen Wertschätzen. (vgl. Leu, 1998)

Publikationen:

Anne Heck (1986): Behinderte Entwicklung - verhinderte Entwicklung? Entwicklungsförderung von Kindern mit Behinderungen in integrativen Kindergruppen. Psychosoziale Aspekte des Erlebens und soziale Interaktionen unter Kindern mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen. Diplomarbeit im Fach Psychologie; Schriftenreihe der Universität Bern; Fachbereich Gesellschafts- und Sozialwissenschaften; XI, Publ. 87434.
Anne Heck (1987): Heilpädagogische Weiterbildung für Erzieherinnen in Integrationsgruppen der Kindertageseinrichtungen? Zur Bedeutung berufsbegleitender Weiterbildung für die integrationspädagogische Arbeit mit kritischem Blick auf eine „heil“-pädagogische Ausrichtung. Senator für Familie, Jungend und Sport (Hrsg.) Berlin.

Anne Heck / Thomas Thiel (1994): Kinder kommen zu Wort. In: klein & groß, Heft 10.

Jürgen Zimmer, Christa Preissing, Thomas Thiel, Anne Heck, Lothar Krappmann (1996):
Wie gut sind unsere Kindergärten? Seelze/Velber: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung.

Anne Heck (2002): Frühkindliche Bildungsprozesse - Erkenntnisse für die soziaalpädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen. In: GEW-HauptvorstandLHrsg.): Bildung in früher Kindheit. Reader für das Wissenschaftsforum Frühpädagogik am 211. März 2002 in Berlin. Frankfurt: Eigenverlag.

Anne Heck (2002): Wie sichern Erzieherinnen ihre - berufliche - Identität? In: Laewen, H.J. / B. Andres (Hrsg.): Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit. Bausteine zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen. Weinheim: Beltz.

Anne Heck (2002): Die Themen der Kinder erkennen. In: Laewen, H.J. / B. Andres (Hrsg.) Forscher, Künstler, Konstrukteure. Werkstattbuch zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen. Weinheim: Luchterhand.



Die gestalterische und die kommunikative Grundorientierung des Kindes

Henning Köhler, Heilpädagoge, Erziehungsberater, Kinder- und Jugendtherapeut in freier Praxis, Janusz-Korczak-Institut, Wolfschlugen
Redakteur der Zeitschrift Jedermann, Engagement in der Anti-Atom-Bewegung, Gründung des Lindauer Literaturkreises “Scheune“, Redaktionstätigkeit bei der Zeitschrift Info 3, Rudolf-Steiner-Seminar für Heilpädagogik Bad Boll, Engagement in der Friedensbewegung, Heilpädagogik auf der Kinderstation der Filderklinik,
Intensive Forschungen zur Pubertätsmagersucht mit Dr. K.-H. Ruckgaber, Gründung der „Heilpädagogischen-Therapeutischen Ambulanz“ in Wolfschlugen, Gründung des „Janusz-Korczak-Instituts“ mit dem Arzt J. Fischer, Lehrtätigkeit an der Fachhochschule für Kunsttherapie in Nürtingen,
Ausgedehnte Vortragstätigkeit, zahlreiche Beiträge in Zeitschriften und Rundfunk, Entwurf und Installation des berufsbegleitenden Qualifikationslehrgangs für integrative Aufgaben im Freien Bildungswerk Köln, Mitbegründer der Fulbertus-Akademie für Sozialpädagogik in Erftstadt, Installation der berufsbegleitenden Zusatzausbildung zum pädagogischen Berater/Erziehungsmentor am Janusz-Korczak-Institut, Vorarbeiten zur Gründung des „Netzwerks Akademie für Kindheitswissenschaft“, Beginn der Lehrtätigkeit an der UNI Köln



In der zweiten Hälfte es 20. Jahrhunderts dominierte nahezu konkurrenzlos die Vorstellung, das Kind in den ersten Lebenswochen und -monaten sei in Hinsicht auf seine seelisch-geistige Verfassung, grob gesprochen, ein völlig inkompetentes Trieb- und Affektbündel. Im Rahmen bestimmter genotypischer Ausgangsbedingungen würde es durch Umweltprägungen phänotypisch zu dem ausgestalten, was wir dann (genaugenommen falsch) „Individuum“ nennen. Die Vorstellung, der Mensch sei nichts weiter als ein Resultat von Anlage und Umwelt, also ein Resultat von lauter determinierenden Faktoren, auf die er keinen Einfluss hat, bildete den wissenschaftstheoretischen Hintergrund für eine weit verbreitete, rein technisch-funktionionelle Betrachtungsweise der seelischen, geistigen und sozialen Entwicklung des Kindes. Das Gebot der Achtung vor dem kindlichen Eigen-Sinn, welches zum Ausdruck kommt in §1 der Magna Charta der Kinderrechte von Janusz Korczak („Jedes Kind hat das Recht, so zu sein, wie es ist.“), müsste danach so schön es auch klingt, eigentlich als unwissenschaftlich verworfen werden. So stellt sich heute erneut die Frage, die interessanterweise schon einmal Anfang des 20. Jahrhunderts und dann wieder in den sechziger, siebziger Jahren auf der Tagesordnung stand: Sind Kinder eigenschaftslose „Rohmassen“, den Erwachsenen ausgeliefert zur „Verfertigung“ nach welcher Bauanleitung auch immer? Gegenwärtig findet in der Kleinstkindforschung, das darf man wohl so sagen, eine stille Revolution statt. Michael Dornes schreibt, schon in den ersten Lebenswochen sei das Kind, wie man inzwischen wisse, „ein aktiv planendes, nach Meisterung strebendes Subjekt.“ Die Debatte über eine tragfähige Theorie oder Idee der Kindheit ist noch lange nicht beendet, im Gegenteil, sie scheint neu aufzuflammen, denn jeder spürt: Mit den bisherigen Vorstellungen sind wir in eine Sackgasse geraten. Ich will einen Beitrag zu der glücklicherweise wieder sich öffnenden Diskussion liefern, indem ich zwei bislang wenig beachtete entwicklungspsychologische Spuren verfolge: die „fundamentale Du-Gerichtetheit“ (bzw. kommunikative Grundorientierung) und die „plastisch-bildnerische Primärmotivation“ (bzw. gestalterische Grundorientierung) des Kindes. Diesen beiden unableitbaren (?!) Individuationsantrieben sollte nach meiner Auffassung künftig das Hauptaugenmerk der entwicklungspsychologischen Forschung gelten. Dadurch könnten Anstöße gegeben werden für eine grundlegende Neubesinnung in der pädagogischen Praxis, was an Beispielen erläutert werden soll.

Publikationen:
Jugend im Zwiespalt - Eine Psychologie der Pubertät für Eltern und Erzieher
Von ängstlichen, traurigen und unruhigen Kindern -Grundlagen einer spirituellen Erziehungspraxis
Die stille Sehnsucht nach Heimkehr - Zum menschenkundlichen Verständnis der Pubertätsmagersucht Vom Rätsel der Angst - Wo die Angst begründet liegt und wie wir mit ihr umgehen können
Schwierige Kinder gibt es nicht - Plädoyer für eine Umwandlung des pädagogischen Denkens
Vom Ursprung der Sehnsucht - Die Heilkräfte von Kreativität und Zärtlichkeit
Vom Wunder des Kindseins - Kinder vertrauen sich uns an Was haben wir nur falsch gemacht? Kindernöte, Elternsorgen und die verflixten Schuldgefühle,
Verlag Freies Geistesleben
EROS als Qualität des Verstehens - Über das erotische Erwachen im Jugendalter und den gemeinsamen Ursprung von Kreativität und Zärtlichkeit, FIU-Verlag, Wangen


Was Kinder stark macht


Dr. rer. nat. Gabriele Haug-Schnabel, Priv. Doz., Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen, geb. 1952, zwei Kinder, Biologie-, Geographie- und Völkerkundestudium an der Universität Freiburg, Spezialisierung zur Verhaltensbiologin, nach interdisziplinärer Habilitation (Biologie, Medizin, Psychologie) seit 1992 Privatdozentin mit Lehrauftrag an der Philosophischen Fakultät (Bereich Psychologie) der Universität Freiburg.
Beteiligung an mehreren interdisziplinären Forschungsprojekten zum kindlichen Verhalten und internationalen Workshops zur Verhaltensbeobachtung und -analyse. Initiatorin und Leiterin der 1993 gegründeten Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen in Kandern (FVM, GdbR). Die selbständige Forschungsgesellschaft bearbeitet praxisrelevante Fragestellungen der menschlichen Verhaltensentwicklung unter humanethologischen und evolutionspsychologischen Gesichtspunkten und liefert wissenschaftliche Erkenntnisse in Form von Gutachten, Fortbildungen (für Erzieher, Pädagogen, Pädiater, Kinder- und Jugendpsychiater und klinische Verhaltenstherapeuten), als Rundfunk- und Fernsehbeiträge sowie als Publikationen.
Forschungs- und Arbeitsgebiete: Humanethologie, evolutionäre Psychologie; Themen: Verhaltensontogenese, Verhaltensstörungen (speziell kindliches Einnässen), Kommunikation, Aggressivität, Sexualität, Spielen, Lernen, Leistung, Suchtprävention, Pubertät.


Warum sollen Kinder stark sein, und wie soll das gehen?
Kinder sollten sich selbst gut kennen, ihr Befinden wahrnehmen und es anderen mitteilen können. Wer gelernt hat, eigene Wünsche auszusprechen, kann auch anderen Wünsche zugestehen. Wer sich mag, ist so stark, dass er auch mal schwach sein kann. Es geht nicht vorrangig darum, Schwäche zu beseitigen, sondern an den Stärken und Vorlieben anzusetzen, um Erfolge möglich zu machen, die zu neuen Vorhaben ermutigen. Denn Mut ist nötig, um mit Hilfe anderer auch schwache Seiten anzugehen.
Eine Erziehung, die stark macht, berücksichtigt die E-Kette:
Jedes Kind startet mit individuellen Erwartungen. Geben mir meine Bezugspersonen Sicherheit, nehmen sie mich und meine Signale wahr?
Was erlebe ich? Jedes Kind gleicht seine Erwartungen mit seinen Erlebnissen ab. Wie ist es gelaufen? Kam ich zurecht? Habe ich damit gerechnet?
Je nach dem Ergebnis dieses Abgleichs fallen seine Erfahrungen aus. Das war eine gute Erfahrung, hierauf kann ich bauen; sie hat mich neugierig gemacht. Das war eine schlechte Erfahrung, die ich nicht mehr machen möchte.
Die Erfahrungen haben einen großen Einfluss darauf, wie das Kind sich fühlt. Sie prägen seine Emotionen.
Am Angebot der Erlebnisse und nachfolgenden Erfahrungen haben wir Erwachsene einen bedeutenden Anteil. Über die Gestaltung der kindlichen Lebenswelt wirken wir auf alle weiteren Erwartungen des Kindes und auf seine Emotionen. Hiervon hängt es ab, welche Erlebnisse ein Kind zulässt, aus eigener Initiative sucht oder bewusst meidet. So wird der Erlebnisrahmen erweitert oder eingeengt. Genau der entscheidet aber darüber, ob es zu neuen Erfahrungen kommen kann, vielleicht zu besseren als bisher. Das hätte sofort Auswirkungen auf die kindlichen Emotionen. Wären diese positiver, zuversichtlicher und selbstbewusster würden sich auch die Erwartungen des Kindes ändern können. Das traue ich mir jetzt zu, ich versuche es, ich glaube, ich kann es! Und schon würde es nach anderen Erlebnissen suchen, die es ganz neue Erfahrungen machen lassen würden, wie z. B. diese: Ich gestalte meine Umgebung mit, ich suche mir Erlebnisse und Interaktionspartner, ich bringe mich ein, ich nehme Einfluss, bewirke etwas, ich bin stark.

Publikationen:
Seelmann K., Haug-Schnabel G. (1996) Woher kommen die kleinen Jungen und Mädchen? Ernst Reinhardt, München.
Haug-Schnabel G. (1999) Aggressionen im Kindergarten. Praxisbuch Kita. (3. Aufl. 2002) Herder, Freiburg.
Haug-Schnabel, G., Schmid-Steinbrunner, B. (2000) Suchtprävention im Kindergarten. So helfen Sie Kindern stark zu werden. Praxisbuch Kita. Herder, Freiburg.
Haug-Schnabel, G., Schmid-Steinbrunner, B. (2002) Wie man Kinder von Anfang an stark macht. So können Sie Ihr Kind erfolgreich schützen - vor der Flucht in Angst, Gewalt und Sucht. ObersteBrink, Ratingen.
Haug-Schnabel, G. (2002) Wie Kinder sauber werden können - Was Sie als Eltern wissen müssen, damit das Sauberwerden klappt. ObersteBrink, Ratingen.






Musikerziehung - Weitreichende Einflüsse des Musizierens auf das Zentralnervensystem

Prof. Dr. med. Eckhart Altenmüller, Neurologe und Musiker, Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin der Hochschule für Musik und Theater, Hannover, geb.
1955, Medizinstudium in Tübingen, Paris und Freiburg/Brsg., Musikstudium an der Musikhochschule Freiburg (Hauptfach Querflöte),
Promotionsarbeit in der Abteilung Neurophysiologie der Universität Freiburg, Neurophysiologische Ausbildung in Freiburg, erste Arbeiten über Großhirnaktivierung bei Musikverarbeitung, Abschluss des Musikstudiums mit der künstlerischen Reifeprüfung. Seither fortgesetzte Konzerttätigkeit,
Facharztausbildung, Habilitation und Oberarztposition an der Neurologischen Universitätsklinik Tübingen, seit 1994 Universitätsprofessor, Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin der Hochschule für Musik und Theater Hannover, Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der zentralnervösen Verarbeitung von Musik und der Sensomotorik des Musizierens. Aufbau einer Neurologischen Spezialambulanz für Musikererkrankungen,Lehre an der Hochschule für Musik und Theater Hannover und an der Medizinischen Hochschule Hannover.

Ein Schule ohne Musikerziehung hat für mich etwas Beklemmendes. Es gab Zeiten, in denen Musik Hauptfach war. Was bringt Menschen aller Kulturen dazu, Musik wichtig zu finden und Musik zu machen? Wozu besitzt Homo sapiens neben der Sprache ein zweites Kommunikationssystem? Anthropologen vermuten, dass der evolutionäre Nutzen von Musik mit der Herstellung sozialer Bindung und mit der Organisation des Gemeinschaftslebens zu tun haben. Musik verbindet (Wiegenlieder, Tanz), Musik strukturiert Tätigkeiten (früher Spinner- und Erntelieder), Musik stärkt Wir-Gefühl (Marschmusik, Nationalhymnen) und Musik kanalisiert Aggressionen.
Wie wirkt sich Musizieren auf die Hirnentwicklung aus? In unserem Labor konnten wir zeigen, dass durch Musikunterricht Nervenzellverbindungen zwischen den Hörzentren und den sensomotorischen Zentren der Großhirnrinde gebildet oder zumindest aktiviert werden. Berufsmusiker haben eine besondere Gehirnorganisation verglichen mit ihren nicht musizierenden Mitmenschen. Die Verbindung zwischen beiden Hirnhälften - der Balken - ist ausgeprägter, die für die Hände zuständigen senso-motorischen Hirnregionen sind erweitert und das an der Feinkoordination von raschen Bewegungen wesentlich beteiligte Kleinhirn ist größer, ebenso wie bestimmte Abschnitte der Hörrinde.

Macht Musik also intelligent? Dabei geht es um die Annahme, dass sich musikalische Ausbildung auf andere Intelligenzbereiche auswirke, dass also ein „Transfer“ bestehe. Vorab: leider existiert bis heute keine Studie, die eindeutig einen langfristigen Einfluss von Musikerziehung auf einen irgendwie gearteten Intelligenzquotienten nachweist. Es ist richtig, dass das Hören von rhythmisch abwechslungsreich strukturierter Musik kurzzeitig die visuell-räumliche Vorstellungsfähigkeit leicht verbessert und dass die kinästhetische Intelligenz sich durch Erlernen eines Musikinstrumentes entwickeln lässt. Es gibt Hinweise, dass Musizieren positive Auswirkungen auf die sozialen Intelligenzen hat, vor allem auf die Fähigkeit, Gefühle anderer Menschen wahrzunehmen und zu antizipieren. Derartige Transfer-Effekte sind aber schwer in einem kontrollierten Experiment zu testen und daher auch aus methodischen Gründen bis heute noch nicht eindeutig belegbar. Wie will man Gefühle messen? Aber warum muss denn Musikunterricht mit einem Transfer auf andere Fächer begründet werden? Wer käme denn auf die absurde Idee, vom Mathematikunterricht zu erwarten, dass er die Leistungen im Englischen verbessern würde?

Entscheidend ist doch, dass Musik eine menschliche Notwendigkeit und ein Teil unseres Lebens ist! Der Umgang mit Musik gehört in die Schule, weil Musik eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, Zugang zu den Dimensionen des Unaussprechlichen zu finden. In einer Welt der alles überflutenden medialen Geschwätzigkeit von Talkshows, Big-Brotherr und Reality-TV brauchen wir in den Schulen Reservate des Nicht-mit-Worten sagbaren und Schutzzonen der Emotionen. Musikunterricht, wie ich ihn mir wünschen würde, erschließt Innenwelten und öffnet die Ohren für ungewohnte Töne, für Zwischentöne, Untertöne. Er schult den Sinn für Ästhetik und hilft Abwehrkräfte gegen die Allgegenwart von Gebrauchsmusik zu entwickeln. Und ein Musikunterricht, wie ich ihn mir wünschen würde, macht Lust auf mehr, auf Musizieren, auf Singen, auf Jazz-Combo und Schul-Band, auf Komponieren am Klavier oder am PC, auf Mitteilung dieser Innenwelten.



Publikationen:
Macht musizieren intelligent? Musikimpulse Journal 2, 4-13 (2001)
Mozart in uns: Wie das Gehirn Musik verarbeitet. Gehirn und Geist 1, 18-25 (2002)




Rhythmische Erziehung - ein Weg zu einer anderen Art des Erfahrens und Lernens

Prof. Hannelore Krause-Wichert, ist emeritierte Professorin der Fachhochschule Hildesheim / Holzminden, Fachbereich Sozialpädagogik. Einer ihrer Schwerpunkte an dieser Institution war: „Rhythmik mit erziehungsschwierigen Kindern“.
Außerdem begründete sie mit einem Kolleginnenteam eine berufsbegleitende Fortbildung in rhythmischer Erziehung für Pädagogen aller Art, in der eine Qualifikation zur Anwendung der rhythmischen Erziehung in unterschiedlichen Bereichen erworben werden kann. Hier ist sie auch noch als Gastdozentin tätig.


Rhythmische Erziehung wird heute als eine Erziehung durch Bewegung mit den Medien Musik und Sprache gesehen. Sie nutzt den vor allem bei Kindern im Vor- und Grundschulalter noch vorhandenen Bewegungsdrang zum tätigen Lernen (auch im Klassenzimmer) und nimmt - wo immer es möglich ist - die Musik als Basis. In diesem Zusammenhang werden auch Stimme, Sprechen und Sprache in vielfältigen Möglichkeiten des Erfahrens und Übens eingesetzt.
Diese Art, Bewegung, Musik und Sprache zu verknüpfen findet in derzeitigen Bildungsprozessen für Kinder selten oder gar nicht statt. Dabei könnte sie vor allem unruhige Kinder stark motivieren und ihnen bei Konzentrationsschwierigkeiten helfen.
Das Ergebnis der Pisa-Studie zeigt uns, welche Mängel unsere pädagogischen Bemühungen auf allen Ebenen haben. Es sieht jedoch so aus, als zöge man in den unterschiedlichen Erziehungsbereichen derzeit noch die falschen Schlüsse daraus. Einig ist man sich nur darin, dass hier etwas geändert werden muss.
Ich glaube, dass eine rhythmische Erziehung dazu viele Anregungen geben könnte.
„Erziehung ist eine Kunst“ - doch muss man sie auch kennen und mit ihr umgehen können.

Publikationen:

Rhythmik und Improvisation, zusammen mit Brita Glathe, Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung, Seelze-Velber, 1997
Rhythmische Erziehung in der Grundschule, zusammen mit Erika Schilling, NLI - Berichte, Nr. 56, Berenbergsche Druckerei, Abt. Dekla _ Verlag Hannover, 1994
Rhythmik - Grundlagen und Praxis, zusammen mit Brita Glathe, Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung, Seelze - Velber, 1989



Heilsames Bilderschaffen in Psychotherapien mit Kindern und Jugendlichen

Deta Margarete Stracke, Hannover, analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Kunsttherapeutin, sowie Dozentin am Institut für Psychoanalytische Kunsttherapie (IPK) Hannover

Die Nähe bildnersicher psychotherapeutischer Arbeit zu unbewussten, seelischen Strukturen eröffnet die Chance, sich Unsagbarem anzunähern und somit einen Weg auch in die Versprachlichung anzubahnen. Gerade wenn es sich um biographische Geschehnisse aus der Zeit vor dem Spracherwerb handelt oder um traumatische Ereignisse, die eine sprachliche Symbolisierung nicht zugelassen haben, zeigt sich die besondere Potenz des Bilderschaffens. Sie kann bisher nicht stattgefundene Symbolisierungsprozesse in Gang setzen und damit eine seelische Verarbeitung der problematischen Ereignisse und Traumatisierungen ermöglichen. Durch die sinnliche Qualität im Prozess der Gestaltung, durch das „Sich Spiegeln“ im „Gegenüber“ des gestalteten Produktes und in der Auseinandersetzung mit dem zu respektierenden „Eigenleben“ des Materials und des entstandenen Werkes werden seelisches Wachstum und Differenzierungsprozesse verstärkt.
Aber das Bild ist nicht nur ein Spiegel und ein materielles Gegenüber sondern es ist das Geschöpf des Malenden. Der Malende kann sich selbst als Urheber und Autor seines Bildes wahrnehmen und damit entdecken, dass er auch Gestalter seines eigenen Lebens sein kann. Aber auch bei Mangelerlebnissen und körperlichen und seelischen Defiziten kann kunsttherapeutische Arbeit kompensatorischen Ausgleich bieten. Das Bild widersetzt sich durch seine „handgreifliche“ materielle „offensichtliche“ Existenz der Verleugnung und ermöglicht so eine Weiterverarbeitung, Veränderung und damit auch Raum zum Probehandeln. Diese Fülle von Erlebensmöglichkeiten in gestalterischen Prozessen können in der Psychotherapie aber auch in anderen Zusammenhängen fruchtbar gemacht werden. In Fallbeispielen wird die dargestellt heilsame Potenz des Bilderschaffens gezeigt und mit Bildern illustriert.

Publikationen:
Heilung und Veränderung im Psychotherapeutischen Prozess: „Überlegungen zur Funktion und Wirkungsweise bildnerischen Gestaltens innerhalb der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie“, in: Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie, 1999;
Identitäten: „Die heilsame Potenz gestalterischer Prozesse in der Kunsttherapie“, in: Kunst und Therapie - Zeitschrift für bildnerische Therapien, Claus Richter Verlag, Köln, Heft 2001/2002









Dieser Artikel kommt von WIN-Future
http://www.win-future.de

Die URL für diesen Artikel ist:
http://www.win-future.de/modules.php?name=News&file;=article&sid;=135