Andere Autoren: Ein buntes Gemisch von Kindern
Geschrieben am 11.09.2002 von S. Ihlenfeldt
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HRSchmidt schreibt: "Das M�rchen vom ADHS
Ein buntes Gemisch von Kindern
Thomas Armstrong: Das M�rchen vom ADHS-Kind
Junfermann-Verlag 2002
Die Lekt�re dieses Buches f�hrt dazu, die Existenz von ADHS als deutlich unterscheidbarer medizinischer Krankheit endg�ltig ad acta zu legen. Kind
Ein buntes Gemisch von Kindern
Thomas Armstrong: Das M�rchen vom ADHS-Kind
Junfermann-Verlag 2002
Die Lekt�re dieses Buches f�hrt dazu, die Existenz von ADHS als deutlich unterscheidbarer medizinischer Krankheit endg�ltig ad acta zu legen. Es gibt kein ADHS, es gibt kein ADHS-Kind, sondern es gibt viele verschiedene Kinder mit vielen verschiedenen Gr�nden f�r ihre Unaufmerksamkeit und Unruhe. ADHS als medizinische Krankheit ist ein Mythos, ein M�rchen.
Das ist die Kernthese, die Armstrong im ersten Teil seines leicht zu lesenden und sehr spannenden Buches ausleuchtet. Das M�rchen von ADHS wird gr�ndlich entmystifiziert. Die starke Umweltabh�ngigkeit der bei verschiedenen Fachleuten noch dazu unterschiedlichen Syndromatiken, die Unm�glichkeiten der Differentialdiagnostik, das von einer Maschinenmetaphorik gepr�gte biologistische Krankheitsmodell und die Ergebnislosigkeit der jahrzehntelangen Suche nach genetischen oder k�rperlichen Ursachen, das "Abstempeln" und Stigmatisieren der betroffenen Kinder sowie die Entlarvung der riesigen ADHS-PR-Kampagne werden eindr�cklich dargestellt.
ADHS sei eine simplifizierende Antwort auf die komplizierte Welt unserer Kinder und tue den Kindern damit Unrecht. Armstrong liefert einige sehr interessante nicht-biologische Erkl�rungen f�r ADHS, darunter die Annahme, dass das Konstrukt ADHS als soziale Intervention daf�r diene, die bestehende soziale Ordnung aufrecht zu erhalten. Er zitiert daf�r das Beispiel des um 1850 sehr angesehenen amerikanischen Arztes S.A. Cartwright, der die Neigung der Negersklaven, wegzulaufen, als medizinsche Krankheit ("Drapetomanie") entdeckt hatte. Die sozialinterventive Funktion dieser neuen Krankheit bestand darin, das Nachdenken �ber die wirklichen, psychosozialen Gr�nde f�r das Fl�chten der Sklaven zu verhindern. Aber das ist nur eine von sieben Erkl�rungen des Autors daf�r, dass "ADHS" gesellschaftlich ben�tigt wird.
Eine sehr differenzierte Darstellung der Vor- und Nachteile der Medikation der Kinder m�ndet in die Empfehlung, Ritalin nur in 3 F�llen anzuwenden: Wenn eindeutige neurologische Krankheiten diagnostiziert wurden (Hirnsch�den, Bleivergiftungen, Parkinsonismus, Narkolepsie etc.), wenn f�r kurze Zeit im Sinne einer Krisenintervention Kindern, die schwere Krisen (akute Traumata durch Gewalterfahrung oder massive Familienkrisen etc.) durchmachen, rasch geholfen werden muss, und wenn nach allerdings wirklich ernsthafter Erfahrung, dass nichts Anderes hilft, nur noch Ritalin �brigbleibt.
Der Hauptteil des Buches stellt 50 Vorgehensweisen zum Umgang mit grunds�tzlich allen auff�lligen Kindern (und damit auch mit ADHS-Kindern) dar, die alle ohne Psychopharmaka und ohne Zwang auskommen. A propos Zwang: Verhaltensmodifikation und die damit einhergehenden Praktiken, wie sie in der g�ngigen Ratgeberszene propagiert werden, lehnt der Autor als zu autorit�re Kontrollstrategien ab. Die vorgestellten Vorgehensweisen haben alle eines gemeinsam: Sie brauchen keinerlei Medikament (auch kein hom�opathisches, pflanzliches oder vitamin�res) und keinen Zwang und sie haben sich empirisch und/oder wissenschaftlich bew�hrt. Auf diese Weise ber�cksichtigt Armstrong in seiner Auswahl kognitive, edukative, soziale, verhaltensbezogene, psychologische, �kologische und physische Ans�tze. Zu jeder Vorgehensweise werden wissenschaftliche Bezugsquellen angef�hrt. Auch die Familientherapie wird als wichtig erkannt. Ich finde diese Zusammenstellung genial. Ein Fragebogen erleichtert es Eltern, die f�r ihr Kind geeigneten Vorgehensweisen einzugrenzen. Ein ausf�hrliches Anmerkungs- und Literaturverzeichnis erg�nzt das Buch.
Mindestens Eines bleibt nach der Lekt�re: Die �berzeugung, dass es viele fruchtbare und kreative Alternativen zur totlangweiligen Trias "Ritalin - Elterntraining - Verhaltenstherapie" bei kindlichen Verhaltensst�rungen gibt, die mit dem Etikett "ADHS" nur verkleistert werden sollen (wobei sowieso die wenigsten Kinder und Eltern diese Trias absolvieren, meist bleibt es ja skandal�serweise allein bei Ritalin).
Ich empfehle dieses Buch nicht nur allen Eltern sehr, sondern auch allen "ADHS"- Fachleuten zur Horizonterweiterung und Neuorientierung. In jeder Erziehungsberatungsstelle Deutschlands sollte dieses Buch Beratern als Handreichung dienen, Eltern und Kinder zu begleiten und zu unterst�tzen.
Raus aus der Sackgasse "ADHS"!
Dipl.-Psych. Hans-Reinhard Schmidt
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